Die folgenden Experten haben gemeinsam ihre Erkenntnisse reflektieren und Perspektiven für die Zukunft mit den Teilnehmenden diskutiert:
Moderation: Christiane Cichy (Fernsehautorin)
„Die Corona-Pandemie hat unsere Gesellschaft geprägt, Leben gekostet, Existenzen zerstört und unsere Grundrechte massiv eingeschränkt!“, so die einleitenden Worte der Moderatorin Christiane Cichy, Autorin und Moderatorin im öffentlich – rechtlichen Rundfunk.
Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen standen im Zentrum der wissenschaftlichen und öffentlichen Debatte – oft mit unterschiedlichen Einschätzungen. Es gab „Fehlinformationen“, die von Politik, Behörden und teilweise auch von Wissenschaftlern als „evidenzbasiert“ oder als „unumstößliche Wahrheit“ in der Öffentlichkeit und den Medien dargestellt wurden und die Grundlage für teilweise gravierende Maßnahmen waren. Das Problem dabei: Viele dieser Aussagen gelten heute als widerlegt – dennoch fehlen offizielle Korrekturen oder eine transparente Aufarbeitung. Ziel der Podiumsdiskussion war es, das Thema aus ärztlicher und wissenschaftlicher Sicht zu beleuchten und neue Denkanstöße zu geben.
Zu Beginn schilderten einige Teilnehmer der Runde, dass die ersten Monate der Pandemie von großer Unsicherheit geprägt waren – nicht nur in der Politik und in der Öffentlichkeit, sondern auch unter medizinischen Fachleuten. Die begrenzte Datenlage zum Virus, zu dessen Ausbreitung und zu möglichen Therapien warf mehr Fragen auf, als sie Antworten lieferte. Hilfreich wäre ein offener Informationsaustausch gewesen: auf Expertenebene, interdisziplinär und interprofessionell. Doch dieser fand und findet bis heute, auch zur Aufarbeitung der Pandemie, nicht statt.
Stattdessen war zu beobachten, dass einzelne Experten – deren Auswahl willkürlich und von oben gesteuert wirkte – die politischen Entscheidungsträger berieten und sich in der Öffentlichkeit mit vermeintlicher wissenschaftlicher Gewissheit äußerten. Dadurch vermittelten sie ein Bild unumstößlicher Sicherheit. Interessanterweise wurden genau diese sogenannten Fakten in der wissenschaftlichen reviewten Zeitschriften überwiegend im Konjunktiv und mit zahlreichen Vorbehalten dargestellt. So entstand in der Öffentlichkeit der irreführende Eindruck einer klaren Faktenlage, während in wissenschaftlichen Kreisen noch erhebliche Unsicherheit herrschte.
Frau Cichy erinnerte mit drei Beispielen eindrucksvoll daran, wie völlig falsch einige Aussagen waren:
Von Angriffen und Einschränkungen bei ihrer wissenschaftlichen Arbeit waren die Teilnehmer der Diskussionsrunde unterschiedlich stark betroffen. Sie konnten in eindrücklicher Weise Beispiele schildern, welche Desinformationen einer Angst getriggerten Öffentlichkeit präsentiert wurden:
An diesem Punkt der Diskussion wurde die Liste der erlebten Widersprüche beendet, auch wenn in der kleinen Runde bereits ein Diskurs zu einzelnen Details stattfand.
Mit Verweis auf den Ausgangspunkt der Moderation wurde festgestellt, dass die öffentliche Debatte in der Zeit der Corona-Pandemie durch politische Einflussnahme (mit wirtschaftlichem Hintergrund) geprägt war. Es hat sich gezeigt, dass Wissenschaftler, wie auch wissenschaftliche Institutionen sich finanziellen Mittelvergaben durch das BMG andienten. Die politische Aufsicht hat in die Bundesbehörden von Robert-Koch-Instituts (RKI) und Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) stark in die Entscheidungen und Bewertungen eingegriffen und sich über wissenschaftliche Daten und Fakten hinweggesetzt. Kritische Stimmen, die eine differenzierte Betrachtung forderten, wurden ignoriert und aus dem öffentlichen Diskurs entfernt.
Aus dem Publikum der Diskussionsrunde in Berlin sowie aus dem gut frequentierten Chat der online-Übertragung wurden deutlich Stimmen laut, die die Verantwortlichen der damaligen Zeit zur Rechenschaft ziehen wollen. Hier sind die Verletzungen sehr tief, wie viele Beiträge zeigten. 5 Jahre scheinen für die Politik lang genug zu sein, um Fehlentscheidungen vergessen zu können. Aber viele Betroffene können und wollen Fehlentscheidungen in der Pandemie nicht vergessen bzw. vergeben.
Umso wichtiger scheint eine politische Aufarbeitung der Pandemie, die von der Politik zurzeit noch verweigert wird.
Medizin ist eine Handlungswissenschaft, eine empirische Wissenschaft, sie lebt von Erfahrung und Beobachtung und vom wissenschaftlichen Diskurs. Alle Bewertungen hätten von Beginn der Corona-Pandemie an mit größter Sorgfalt und Zurückhaltung getroffen werden müssen und regelmäßig auf den Prüfstand gehört. Heute gibt es eine 6-stellige Anzahl von Publikationen zu SarsCoV-2 mit verschiedensten Schwerpunkten. Welche Kollegin, welcher Kollege ist in der Lage, diese Daten kritisch auszuwerten? Hier ist womöglich die KI und die unabhängige Unterstützung von Experten-Instituten nötig, um eine Aufarbeitung einzuleiten und zukünftig zu begründeten Handlungsempfehlungen zu kommen. Diesen Weg zu beschreiten, war und ist die Politik derzeit nicht bereit. Leider neigt die Ärzteschaft zum politischen Konformismus und es fehlt an Zivilcourage, an Mut zu einem konstruktiven Dialog kontroverser Ansichten. Unbeantwortet bleibt die Frage im Raum stehen, wie sich die Entscheidungsträger in der Politik verhalten hätten, wenn angesichts der offensichtlichen Fehlentscheidungen mehr Widerstand aus der Ärzteschaft geregt hätte.
Am Ende kommt Hölderin zu Wort: Wir, so gut das gelang, haben das Unsre getan. Aber können wir morgen mehr tun?
[1] Associate Professor für Pharmaceutical Health Services Research (Universität von Maryland, School of Pharmacy) und Senior Editor beim British Medical Journal (BMJ), einem der renommiertesten Medizinjournale weltweit